Justizminister Philipp Fernis zu Gast beim Grillfest der FDP Rhein-Nahe
Viele Parteifreunde aus Bingen sowie Gäste konnten die Liberalen in Rhein-Nahe auf ihrem traditionellen Grillfest in Weiler begrüßen. Nach der allgemeinen Begrüßung durch den Vorsitzenden der FDP Rhein-Nahe, Jörg Berres, betonte der Justizminister des Landes in seiner Rede u.a. die Bedeutung der Justiz in einem freiheitlichen Rechtsstaat. Eine handlungsfähige und unabhängige Justiz ist der Wesenskern unseres demokratischen Rechtsstaats. Fernis: „Die Staatsanwaltschaften, Gerichte und Justizvollzugsanstalten sind in unserem Land personell und technisch hervorragend ausgestattet. Wir haben bundesweit die schnellsten Asylverfahren und sind Vorreiter bei der Digitalisierung der Justiz.“ Rheinland-Pfalz gelte zurecht als rechtspolitisches Musterland, dank der Arbeit liberaler Minister in diesem Amt und erinnerte hierbei an den plötzlich verstorbenen Herbert Mertin. Ferner ging er auf die allgemeine politische Lage ein. Die Stimmung in der Partei sei besser als die Umfragen. Wir kämpfen für unsere politischen Inhalte, u.a. für eine starke Wirtschaft und hohe Beschäftigung, damit der Staat weiter finanziert werden könne. Seitdem die FDP 2016 in der Koalition ist, konnte der Haushalt in diesem Land saniert, Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet, Schulden abgebaut und angemessene Rücklagen gebildet werden. Fernis: „Wir werden unser Profil weiter schärfen und auch unangenehme Wahrheiten nicht verschweigen.“
Steuergestaltung in der Stadt Bingen unangemessen
Anschließend ergriff der FDP Wahlkreiskandidat für die Landtagswahl 2026, Carsten Schröder das Wort. Er bedankte sich bei den anderen Fraktionen der Stadt Bingen für die Steilvorlage im bevorstehenden Wahlkampf. Die FDP-Fraktion hat im Stadtrat Bingen gefordert, den beschlossenen Hebesatz von 1.200 Prozent für Nichtwohngrundstücke umgehend zu korrigieren. Im Zuge der Grundsteuerreform, die eine bundesweit einheitliche Neubewertung aller Grundstücke vorsieht, hatte der Stadtrat beschlossen, für reine Wohnimmobilien den bisherigen Hebesatz von 465 Prozent beizubehalten. Für alle anderen Grundstücke – darunter gewerbliche, gemischt genutzte und landwirtschaftliche Flächen – wurde der Hebesatz auf 1.200 Prozent mehr als verdoppelt. Ein konkretes Beispiel aus Bingen zeigt, wie drastisch die Auswirkungen sind: Ein innerstädtisches Grundstück hatte vorher einen jährlichen Grundsteuermessbetrag von ca. 40 Euro. Nach der Neubewertung liegt dieser Grundsteuermessbetrag nun über 200 Euro. Durch diese Erhöhung und den zusätzlich neu beschlossenen Hebesatz von 1.200 Punkten zahlt der Eigentümer künftig fast das 15-Fache der bisherigen Grundsteuer. Die FDP Bingen hat eine Petition gestartet um den Druck auf die Mehrheit im Stadtrat zu erhöhen.
Jörg Berres ergänzte, dass die Steuergestaltung der Stadt Bingen im Zuge der Grundsteuerreform vollkommen unausgewogen sei. Bundesweit war eine aufkommensneutrale Grundsteuerreform auf Gemeindeebene vorgesehen. Nach den Berechnungen des Finanzministeriums hätte die Stadt die Grundsteuer B lediglich von 465 % auf 503% erhöhen müssen, dann wäre dies sichergestellt und eine faire Lösung für alle Steuerzahler in Bingen. Nur wenige Städte haben das Modell Bingen gewählt und ebenso Ärger produziert.
Demokratie weltweit unter Druck
Der FDP Vorsitzende Rhein-Nahe zeigte sich nochmals zufrieden über den Erhalt der liberalen Mandate in der VG Rhein-Nahe und Weiler nach der Kommunalwahl 2024. Nur in Waldalgesheim ging einer von zwei Sitzen verloren. Alleine im VG-Rat haben AFD Vertreter vier Sitze erlangt, was Berres hinsichtlich des Rechtsrucks und der Demokratiefeindlichkeit bedenklich stimmte.
Demokratie weltweit unter Druck
Berres: „Die Demokratie ist weltweit unter Druck und damit auch die klassische Diplomatie.“ Gerade die FDP stünde wie keine andere Partei für eine starke liberale Demokratie, für die Gewaltenteilung, die Rechtmäßigkeit des staatlichen Verwaltungshandelns, die Pressefreiheit und die freie Meinungsäußerung; dies seien alles große Errungenschaften nach dem 2. Weltkrieg. Leider würden immer mehr demokratische Strukturen subtil ausgehöhlt, wie in Ungarn, lange Zeit in Polen, in der Türkei und jetzt in den USA. Statt einer Diplomatie auf hohem Niveau mit einem Interessenausgleich auf Augenhöhe stünden andere strategische Spielformen im Vordergrund, um eigene Ziele durchzusetzen: Staatsführer die das Chicken Game (Feiglingsspiel), Droh- und Eskalationsstrategien spielten. Es gelte zunehmend das Recht des Stärkeren, wobei rechtsstaatliche Strukturen nun auch in den USA ausgehebelt würden, so Berres.
Mutige Entscheidungen erforderlich
Im Bereich der Wirtschaft und Verwaltung sind aus Sicht von Berres sehr mutige Entscheidungen erforderlich: „In der Bürokratie sind wir ein Monster, in der Verwaltungsdigitalisierung ein Zwerg.“ Von der Vernetzung der Verwaltungsregister wie in anderen Ländern, z.B. Estland, sei Deutschland weit entfernt. Die Belastungen für kleine und mittelständische Betriebe wären zu hoch und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sei immer mehr in Gefahr. Die klassischen Industriebereich – Auto, Stahl, Maschinenbau - mit hoher Wertschöpfung, Produktivität, Beschäftigung und Steuerzahlungen sind unter einem hohen Druck.
Hinzu komme, so Berres, dass wir mit Work-Life-Balance unseren Wohlstand nicht werden sichern können. „Zu den unbequemen Wahrheiten zählen, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern zu wenig Arbeiten, die Renten kaum noch bezahlbar sind und die Soziallasten schneller steigen als die Einnahmen.“ Es müssten zudem mehr Menschen aus der Arbeitslosigkeit herausgeholt werden. Die aktuelle Diskussion, höhere Einkommen noch stärker zur Kasse zu bitten, wäre eine weitere Umverteilung zu Lasten der Leistungsträger und damit der falsche Weg. Schon heute leisten die unteren 50% der Steuerpflichtigen nur einen Anteil von 6,2% am Steueraufkommen, die oberen 10% über 53% und die oberen 1% rd. 23%. Wer Leistung daher weiter bestraft, fördert Rechte und Antidemokraten in diesem Land.
Berres betonte abschließend, dass die Stimme der FDP jetzt mehr denn je benötigt werde. „Beschäftigte, Selbstständige und Unternehmen brauchen eine starke Stimme in diesem Land. Es lohnt sich, für eine bessere und gerechtere Politik weiter zu kämpfen.“
Gemütlicher Ausklang bei Wein, Bier und gutem Essen
Jörg Berres dankte allen Mithelfenden bei diesem Grillfest, insbesondere seinem Fraktionsmitglied im VG-Rat Rainer Kropp sowie den vielen Spendern von Salat und Frühlingsrollen.
